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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783963621772
Sprache: Deutsch
Umfang: 176 S.
Format (T/L/B): 2 x 21 x 14 cm
Lesealter: 6-99 J.
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

S/w illustriert. Ab 6 Jahre. Emma, Hannes, Linus und Sina haben eine Mission: Sie müssen Ava finden, die Tochter von Bankräuber Freddy. Sie hat keine Ahnung, dass ihr Vater im Gefängnis ist und sich so sehr über einen Besuch von ihr freuen würde! Kurzerhand gründen die vier Kinder eine Bande - eine, die für das Gute kämpft und sich sogar in die Geheimgänge unter der Stadt wagt. Doch Freddy hat die Bank nicht allein überfallen und sein Ganoven-Kollege ist ihnen schon auf den Fersen ...

Autorenportrait

Hans-Dietrich Nehring ist Pfarrer in Bayreuth, verheiratet und Vater von 3 Kindern. Schon als kleiner Junge erfand er Geschichten, die sein Großvater für ihn aufschreiben musste. Heute liegen ihm die Kinder seiner Gemeinde besonders am Herzen. Für sie denkt er sich Geschichten aus.

Leseprobe

Singende Verbrecher Emma schaut aus dem Fenster auf den Kirchplatz. Auf einer kleinen Mauer entdeckt sie Linus mit seinem blonden Wuschelkopf. Sein Skateboard lehnt neben ihm. An seiner anderen Seite sitzt seine kleine Schwester Sina in ihrem rosa Kleid. Auf dem Rücken hat sie einen kleinen rosa Rucksack. Sie geht in die erste Klasse. Linus geht in die vierte Klasse. Sie warten auf den Kindergottesdienst. Die Sonne scheint, über der bunten Blumenwiese vor der Kirche surren Bienen und Schmetterlinge flattern umher. Die Kirchturmuhr läutet: Viertel vor zehn. Vereinzelt gehen Gottesdienstbesucher an Linus und Sina vorbei, unterhalten sich und verschwinden in der Kirche. Alles ist friedlich. »Gleich kommt der Bus!« In Emmas Bauch kribbelt es. Ihr Blick wandert die Straße entlang, die zwischen den Häusern zur Kirche heraufführt. Emma quetscht ihre Nase an die Scheibe. Sie kann ihn nicht entdecken. Ob der Bus Gitterstäbe vor den Fenstern hat? Sie springt auf und rennt die Treppe hinunter. Sie will nichts verpassen. Linus und seine kleine Schwester sitzen immer noch auf der Mauer und warten. »Du weißt, was Mama und Papa gesagt haben! Du darfst mich nicht allein lassen!«, quengelt Sina. Sie ist unruhig. Schon so oft ist Linus zu Abenteuern losgezogen und hat sie allein zurückgelassen. Sina hasst es, von ihrem Bruder im Stich gelassen zu werden, und sie hasst Abenteuer. »Ich bin doch da! Außerdem: Siehst du hier irgendeinen Verbrecher, Mörder oder Dieb, der dir etwas antun könnte?« Sina antwortet nicht, sondern streckt ihm die Zunge raus. Sie steht auf und fängt an, auf der Mauer hin und her zu balancieren. »Oder hast du Angst vor Hannes?« Linus deutet auf Hannes. Er läuft gerade die Treppe zum Vorplatz runter. Hannes ist sein bester Freund. Mit seinen schwarzen Haaren und seiner Brille sieht er wie ein Professor aus. Sina mag Hannes nicht so richtig, weil er immer so klug daherredet. Linus und er begrüßen sich. »Meine Schwester hat mal wieder Angst!« Linus verdreht die Augen. »Wir gehen in den Kindergottesdienst. Was soll da schon passieren?«, sagt Hannes. Er grinst und deutet auf die Blumenwiese, über der die Schmetterlinge fliegen. Sina zieht ein Gesicht, setzt sich wieder neben Linus und schaut zur Straße. Da kommt ein schwarzer Bus mit schmalen, kleinen Fenstern. Er biegt auf den Parkplatz ein, der zur Kirche gehört. Die Bremsen quietschen. »Guckt mal da, ein Bus!«, flüstert sie aufgeregt. »Da steht etwas drauf!« Linus dreht sich zum Parkplatz. »Justizvoll.zugsanstalt«, liest er langsam. Was soll das bedeuten? Justizvollzugsanstalt? »Der Bus kommt aus dem Gefängnis!«, ruft Emma von Weitem. Als sie angekommen ist, stößt sie zwischen zwei Atemzügen hervor: »Die Fenster sind so klein, damit kein Gefangener ausbricht.« »Da sind Gefangene drin?« Sina reißt erschrocken die Augen auf. »Ja, das ist der Gefangenenchor. Er singt bei uns in der Kirche!«, sagt Emma stolz. »Das ist ja cool!« Linus ist begeistert. Endlich passiert mal etwas. Hannes denkt nach: Ob die Verbrecher wohl gestreifte Kleidung anhaben? Er hat so etwas schon einmal in einem Comic gesehen, da hatten die Ganoven eine Art Schlafanzug mit grauen und weißen Streifen an. Er kann sich das nicht so richtig vorstellen. Ob sie so in der Kirche singen? Das wäre komisch. Der Bus zischt und hält an. Sina tippelt mit ihren Füßen hin und her. »Heißt das, da kommen gleich Bankräuber, Mörder und Betrüger raus?« »Genau, und dann singen sie uns ein Ständchen!«, freut sich ihr Bruder. »Ja, das war Papas Idee!« Emmas Augen leuchten. Ihr Papa ist der Pfarrer und hat alles organisiert. Linus springt von der Mauer auf und beobachtet den Bus genau. Jetzt öffnet sich die Tür. Ein Mann mit einem schwarzen Anzug und einem weißen Hemd steigt aus. Weitere Männer mit schwarzen Anzügen und weißen Hemden folgen. »Ist die Polizei auch dabei?«, will Linus wissen. »Weiß nicht. Vielleicht ein Aufseher aus dem Gefängnis, der eine Pistole hat!«, überlegt Emma. »Irgendjemand muss ja aufpassen, dass niemand flieht.« Die Männer setzen sich in Bewegung und kommen näher. Sina hält sich an Linus fest. Jetzt wird auch ihm etwas mulmig. Die Männer haben alle ein Notenheft in der Hand. Es ist tatsächlich ein Chor. Einer der Männer, er ist größer als die anderen, dreht den Kopf und mustert die Kinder. Er entdeckt Sina und schaut sie lange an. Einen kurzen Augenblick lang treffen sich ihre Blicke. Sina stockt der Atem. »Was will der von mir?«, denkt sie. Vielleicht will er sie als Geisel nehmen? Sie versteckt sich hinter Linus Rücken. In Sinas Fantasie hat der Mann sie schon gepackt und entführt. Die Polizisten rennen hinterher und schießen mit der Pistole. »Ich will nach Hause!«, flüstert sie. »Dann geh doch heim! Ich bleib hier.« Linus schüttelt Sina ab. Die Gefangenen sind zur Kirche weitergegangen. »Du musst mit! Mama und Papa haben gesagt, dass du auf mich aufpassen musst!« »Mach ich aber nicht! Verpetz mich doch!« »Wollt ihr nicht in die Kirche gehen? Der Gottesdienst fängt gleich an!« Frau Holzer ist neben den Kindern stehen geblieben. Sie ist lang und dürr und hat weiße Haare. Niemand weiß, wie alt sie ist. Sie war schon immer da. Sie weiß immer, was falsch und was richtig ist. »Mein Papa hat den Gefangenenchor eingeladen. Er singt heute im Gottesdienst. Jetzt hat Sina Angst, in die Kirche zu gehen!«, erklärt Emma. »Wen hat dein Vater eingeladen? Den Gefangenenchor?« Frau Holzer ist entsetzt. »Das ist viel zu gefährlich!« »Es ist bestimmt ein Wachmann mit einer Pistole dabei!«, entgegnet Emma. »Vielleicht sogar mit einem Maschinengewehr! Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen«, tröstet Linus die alte Dame. Ich will keine Pistole in der Kirche haben und ein Maschinengewehr schon gleich gar nicht!« Die Stimme von Frau Holzer wird merkwürdig dünn. »Das sind alles rechtmäßig verurteilte Verbrecher! Die gehören ins Gefängnis und nicht in die Kirche!«, schimpft sie los. »Mein Papa sagt, das sind nicht nur Verbrecher«, sagt Emma. »Sie haben alle etwas Schlimmes getan, das stimmt. Sie sind aber auch Menschen, sie haben Frauen und Kinder. Sie haben vielleicht auch schon Gutes getan. Niemand ist immer nur böse!« »Das kann schon sein. Trotzdem haben sie nichts bei uns zu suchen!« Sina hat den Eindruck, als würden die Augen der Frau langsam hervortreten. »Wissen Sie eigentlich, dass die Gefangenen nie rauskommen? Sie haben ganz selten Besuch. Viele Familien reden nicht mehr mit ihnen. Jeden Tag bekommen sie nur Gefängniskost zu essen. Wenn sie bei uns singen, sehen sie mal etwas anderes. Und mein Papa hat für später extra etwas Leckeres für sie besorgt«, sprudelt es aus Emma heraus. Sina schaut sie bewundernd an. Sie würde gern so mutig sein wie Emma. »Das sind Verbrecher! Man stelle sich das mal vor: Letzte Woche ist einer bei mir eingebrochen und heute singt er für mich in der Kirche!« Die Kinder bekommen einen Schreck. »Bei Ihnen ist eingebrochen worden?«, fragt Hannes. »Nein! Aber könnte doch sein. Ich will damit sagen, die haben bei uns nichts verloren.« Die Frau schaut Emma an: »Das ist hier eine Kirche und kein Gefängnis!« Emma weiß keine Antwort, aber zum Glück kommt Hannes ihr zu Hilfe: »Jesus ist auch zu den Verbrechern gegangen und hat keine Angst gehabt!« »Dann soll doch der Pfarrer Friedrich ins Gefängnis gehen und sie nicht hierher einladen. Dafür bekommt er sein Geld! Hoffentlich passiert nichts Schlimmes. Ich finde das unmöglich. Ich geh wieder heim!« Mit diesen Worten dreht sich Frau Holzer um und geht weg. »Ich habe auch Angst!«, meldet sich Sina kleinlaut zu Wort. Sie spürt, wie die Angst in ihr hochkrabbelt. »Ich pass auf dich auf. Keine Sorge!«, sagt Emma. »Wir Mädchen müssen doch zusammenhalten! Los, wir finden raus, was das für Leute sind!« Sina zögert. Sie will gern zu Emma halten, aber Angst hat sie trotzdem. »Lasst uns reingehen und schauen, was passiert!«, schlägt Linus vor. Linus und Hannes klatschen sich mit den Händen ab. Hanne...