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Lieder der nordamerikanischen Indianer als Kompositorische Vorlagen

In der Zeit von 1890 bis zum Ersten Weltkrieg, Berliner Musik Studien 11

Erschienen am 15.04.1996, 1. Auflage 1996
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783895640216
Sprache: Deutsch
Umfang: 244 S., 6 Fotos, 49 Notenbeisp.
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

I felt that I had come in search of gold and had found diamonds. So begeistert äußerte sich Natalie Curtis 1903 über die indianischen Lieder, die sie als Musikerin und Ethnologin auf ihren Reisen in die zahlreichen Indianerdörfer des amerikanischen Südwestens studierte. Sie gehörte bereits einer zweiten Generation von Forschern an, die seit den frühen 80er Jahren des letzten Jahrhunderts der musikalischen Kultur der Indianer ihre Aufmerksamkeit schenkten und diese sorgfältig dokumentierten. Der melodische Fundus, der so erschlossen wurde, reizte wiederum einzelne zeitgenössische Komponisten zum musikalischen Experiment: nämlich den Versuch zu wagen, dies fremdartig exotische Material in eigene Werke zu integrieren. Welche weltanschaulichen Motive steckten hinter diesen Annäherungen an die indianische Musik? Und in welch vielfältigen musikalischen Werken brachten die Komponisten ihre Ideen zum Ausdruck? Historische Musikwissenschaft mit Methoden der Ethnologie verbindend, unternahm Regine Wild vorort eigene Feldforschungen in mehreren Indianerreservaten der USA und suchte in Archiven und Bibliotheken Quellen und Zeugnisse. Bei der Suche nach den Spuren jener kulturübergreifenden Verschmelzung der Volksmusik der Indianer Nordamerikas mit der abendländischen Musik stieß sie auf Komponisten wie Edward MacDowell, Antonín Dvorák und Feruccio Busoni, aber auch auf Außenseiter des amerikanischen Musiklebens, wie z. B. die musikalisch-nationalistische Gruppierung um Arthur Farwell, auf den Liedkomponisten Frederick R. Burton oder auf den Schöpfer der 1918/19 an der Metropolitan Opera in New York aufgeführten Indianeroper Shanewis Charles Wakefield Cadman. Nicht ohne Grund konzentriert sich die Autorin auf einen eng umrissenen zeitlichen Rahmen, denn nach dem Ersten Weltkrieg begegnen in der Musikliteratur kaum noch Werke mit indianischer Färbung. Erst in der jüngsten Musik taucht die Thematik wieder vereinzelt auf, nun jedoch unter den veränderten Vorzeichen einer vollkommen gewandelten Einstellung zu den außereuropäischen Kulturen. So schließt die Autorin mit einem Ausblick auf Karlheinz Stockhausens Komposition Am Himmel wandre ich (Indianerlieder), zu der sich der Komponist 1972 durch indianische Poesie inspirieren ließ.